Chronobiologen beschäftigen sich mit den zelleigenen biologischen Rhythmen und dem Einfluss des Tag-Nacht-Wechsels auf Organismen. Sie haben die individuell und genetisch vorgegebenen Leistungsfenster gut erforscht. Ihre Erkenntnisse finden in der modernen Schlafforschung Beachtung. Ob Menschen früh fit sind oder erst spät ihr Tageshoch erreichen ist eine Chronotyp-Frage. "Rund zwei Drittel der Erwachsenen zählen zu den angeborenen Spät-Typen und Eulen und bekommen zu wenig Schlaf. Hier könnte ein Powernap helfen. Ein kurzes Nickerchen macht nachweislich leistungsfähiger, wacher und verbessert unsere Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit", sagt der Schlafexperte Hans-Günter Weeß von der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM).
Unsere Zellen arbeiten in einer Art 90-minütigem Sprint-Pause-Modus, dem Basis-Ruhe-Aktivitäts-Zyklus. "Deshalb erleben wir über den Tag hinweg Leistungstiefs und Leistungshochs. Während des Wachseins produziert der Körper den Botenstoff Adenosin. Er macht müde und daher baut der Körper bereits tagsüber einen gewissen Schlafdruck auf", erklärt Weeß. Deshalb wirke der Powernap gegen Müdigkeitstiefs. Ein Spaziergang kompensiere die Müdigkeit dagegen nur, da der Körper bei Licht das Schlafhormon Melatonin reduziert.
Ein Büro-Nickerchen sollte nicht länger als zehn bis 20 Minuten dauern. Denn nach diesen leichten Schlafphasen kann eine REM-Phase folgen, auf die viele Menschen müde, lust- und antriebslos reagieren. Um den leichten Schlaf abzupassen, rät Weeß vom Wecker ab. "Es reicht einen Schlüsselbund in die Hand zu nehmen. Sobald wir in den entsprechenden Schlafstadien sind, entspannt die Muskulatur und das Schlüsselklappern weckt uns wieder auf", erklärt Weeß den automatischen Weckmodus. Ein vorher getrunkener Espresso hilft zusätzlich beim Aufwachen und erhöht das Leistungsvermögen, weil Koffein erst nach einer halben Stunde wirkt.
Im Liegen mit entspannten Muskeln schläft es sich leichter ein. In Bremer Unternehmen mit Pausen- oder Ruheräumen legen sich die Mitarbeiter bislang jedoch nicht aufs Ohr, berichten Personalverantwortliche. Schlafen ist jedoch auch im Sitzen möglich. "Legen Sie ihre Beine auf dem Schreibtisch ab, lehnen Sie sich im Stuhl zurück und den Kopf an", rät Weeß. Alternativ kann der Oberkörper auf einem Kissen auf dem Schreibtisch abgelegt werden. "Anspannung ist der natürliche Feind des Schlafes. Phantasiereisen oder progressive Muskelentspannung helfen, sich gedanklich, gefühlsmäßig und körperlich von Stress zu distanzieren", erklärt Weeß. Störfaktoren wie Telefone und E-Mail-Benachrichtigungen sollten abgestellt werden. Die DGSM fordert chronotypen-freundliche flexible Arbeitszeiten und einen späteren Schulbeginn als dritte Säule der Gesundheitsprävention gegen viele Krankheiten.
Text: Janina Weinhold